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Juli 2023
New Work macht glücklich, meinen 73% der Mitarbeiter in Start-ups
Homeoffice, 4 Tage-Woche? Da raufen sich viele Arbeitgeber die Haare. Und das Ganze auch noch ohne jeden Verlust an Rendite und Produktivität?
Kann Entspannung zu gleichbleibenden Erträgen führen?
Noch sind agile Methoden ein Thema der Pioniere. Die einen sagen oder demonstrieren ein Ja, New Work ist produktiver, die anderen schütteln den Kopf. Entscheiden Sie selbst, was Sie glauben.
Ein Rechenexempel für Skeptiker
Wenn Sie einfach nur Produktivität messen, dann ist die Rechnung ziemlich simpel: Der tatsächliche Stundensatz multipliziert mit den abrechenbaren Stunden pro Monat zeigt, ob Sie mit weniger Stunden gleich viel oder vielleicht sogar mehr verdienen. Bei gleichbleibendem Stundensatz und gleichbleibender Stundenzahl macht eine Arbeitszeitverkürzung Sie ökonomisch ärmer.
Aber, damit ist das Thema nicht abgehakt. Denn hier beginnt erst die (kreative) Arbeit. Ein Rechenbeispiel: So kann die eine Person mit 1 hohem Stundensatz bei guter Qualifikation, großem know how und zielgerichtetem Einsatz für Kunden wie Anbieter äußerst ertragreich sein; trotz deutlich höherem Stundensatz. Andererseits kann eine andere Person mit vielen produktiven Stunden zum Dumpingpreis, aber ohne Ahnung vom Thema, für den Kunden deutlich teurerer werden. Vom Stundensatz kostet der Erste vielleicht 300€, der andere nur 30€. Braucht der letztere aber mehr als 10 Stunden oder führt seine Arbeit zu einem Folgeschaden, also Schadensersatz oder mehr, dann ist der Billige teurer. Klüger arbeiten heißt also nicht, mehr zu arbeiten, sondern weniger. Das soll dieses kleine Rechenbeispiel zeigen. Soweit zur Theorie. Oder handwerklich ausgedrückt: Ausgeruht und überlegtes Arbeiten heißt beim Zuschnitt von Holz: erst messen, dann schneiden. Das ist allemal klüger als unter Zeitdruck zu hektisches Arbeiten mit stumpfem Werkzeug und viel Verschnitt. Noch kürzer: Zweimal messen, einmal schneiden. Logisch, oder?
Ganz praktisch kommt hier noch ein weiterer Aspekte dazu: Der Fachkräftemangel führt schlicht und einfach dazu, dass heute Arbeitgeber die Bewerber bei Mitarbeitern sind (nicht umgekehrt – wie bisher). Ein Arbeitgeber, der kein guter Gastgeber ist und keine tollen Arbeitsbedingungen bietet, bekommt schlicht und einfach kaum noch Personal. Oder er bekommt nur noch schlechte, billige Mitarbeiter. Bilden Sie sich also lieber eine eigene Meinung. Wollen Sie aber wissen, wie die empirische Relevanz aussieht, dann schauen Sie sich den New-Work-Barometer 2022 von Prof. Carsten Schermuly und Matthias Seifert an. Dieser zeigt: Der Teufel liegt durchaus im Detail der Umsetzung. Neben Begriffsunklarheiten sind flexible Arbeitszeiten und Homeoffice die dominierenden Methoden von New Work in der Praxis. Und die Zufriedenheit auf einer Skale von -3 bis +3 liegt bei 0,52. Im Klartext: „Einigen sehr zufriedenen Unternehmen stehen auch einige sehr unzufriedene gegenüber.“ Im Detail sind große Unternehmen und Unternehmen der Finanzbranche am unzufriedensten. Andererseits sind sich die Befragten Entscheider der Wirtschaft einig, dass agile Methoden alles andere als veraltet sind. Im Gegenteil: 63,5% meinen, dass es Unternehmen ohne Implementierung agiler Prinzipien in Zukunft sehr schwer haben werden. Im Vordergrund steht dabei weniger die psychische Gesundheit als die Steigerung der Leistungsfähigkeit und Innovation der Unternehmen.
Eine neue Studie zu Startups zeigt, dass gute Arbeitsbedingungen zur 50% höheren Arbeitszufriedenheit und vermutlich auch Treue zur Firma führt. Der Startup-Verband und die Unternehmensberatung Accenture hat die Arbeitswelt von Unternehmensgründungen untersucht. Ergebnis: deutlich höhere Zufriedenheit, sehr große Lernbereitschaft, hohes Einkommen und Arbeitsplatzsicherheit sind gar nicht so wichtig. Man reibt sich die Augen: Das sind doch typische Merkmale von Selbstständigen, oder? Nur dass die als Angestellte arbeiten. 73% der Befragten halten die Arbeitsmethodik New Work für zentral, ja entscheidend. Neben der Selbstbestimmung, Lernen, Entwicklung ist wenig Hierarchie wichtig. Was ist New Work?
New Work ist nicht neu, aber zunehmend bekannt geworden im Zusammenhang mit Selbstorganisation statt Hierarchie und Befehlsketten, agilen Methoden statt zentraler Planung, Selbststeuerung der Arbeitsbedingungen. Wie mag das praktisch gehen? Geht das nur bei Selbstständigen, Kleinunternehmen oder auch bei Großunternehmen? Es geht immer, wenn sich alle Beteiligten einig sind.
Das Beispiel Buurtzorg
Das von Jos de Blok 2006 gegründete niederländische Pflegeunternehmen Buurtzorg ist ein New Work-Pioneer. Buurtzorg ist ein in den Niederlanden dominierender Anbieter der ambulanten Pflege, das eine völlig andere Arbeitsorganisation entwickelt hat und eine sehr kleine Zentrale von 15 Mitarbeitern hat. Alles andere regeln die Teams selbst. Die von einem Krankenpfleger gegründete Firma geht neue Wege in der Pflege, sie verzichtet auf jegliche Hierarchie. Selbstständige Teams von ungefähr zehn Personen regeln alles selbst, von der Planung ihrer Arbeit bis hin zu den Kontakten zu den Hausärzten. Zu den Zielen gehören auch die Einbeziehung von Familie und Nachbarschaft sowie die aktive Unterstützung und Förderung der Selbstständigkeit der Patienten.
Der erfahrene Pflegeheim-Manager kam in seiner Berufspraxis zu der Erkenntnis, dass die Manager in Heimen das Potential von Pflegefachkräften eher beschränken als fördern. Heute hat das Unternehmen mehr als 14.000 Mitarbeiter und in dieser Größe einen Marktanteil von etwa 20 % im niederländischen Markt der ambulanten Pflege. Mit seinem Organisationsmodell wurde Buurtzorg mehrfach zum besten niederländischen Arbeitgeber gewählt.
Wie stark New Work die Zufriedenheit steigern kann, zeigt eine Studie des Start-up-Verbandes und der Beratungsgesellschaft Accenture. Hiernach erwarten 73% der Mitarbeitenden eine Arbeitswelt mit gelebter New Work-Unternehmenskultur. Besonders wichtig ist hier die Flexibilität. Das hat die Untersuchung ergeben:
Quelle: Studie des Startup-Verbandes und der Beratungsgesellschaft accenture 2023. Angaben in Prozent, kumuliert sehr zufrieden
Die Zufriedenheit bezieht sich auf folgende Einzelfaktoren neben der Unternehmenskultur und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten:
- Flexible Wahl des Arbeitsortes
- Flexible Arbeitszeit und -dauer bzw. Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten
- Physische Gesundheit
- Stress und mentale Gesundheit
Wichtig sind:
- Flache Hierarchien
- Lernen wichtiger als Bezahlung
- Lebensqualität: 4-Tage-Woche
Nehmen Sie die Herausforderung von New Work an. Ohne agile Methoden ist die Zukunft nicht zu bewältigen.